Dienstag, 11. September 2012

Global Mala 2012 -Parashakti Yoga Ingolstadt

 
 
 



Mit Traudi Pich und Noeli Naima

NEU!
Auf Spendebasis für die Wirbelwind Ingolstadt!

Rund um die Welt fließen Yogis durch 108 Sonnengrüße oder Kriyas, singen 108 mal ein Mantra oder meditieren 108 Minuten lang. Die Initiative geht von Kalifornien aus, wo Johannes Fisslinger und Shiva Rea zum beispiel, das Global Mala Project als „Peace in Action“ ins Leben gerufen haben.

yogaservice.de erforschte zu diesem Anlass das Geheimnis der Zahl 108.
Der Zweck des Global Mala Yoga für Frieden sei es, die weltweite Yoga-Community aller Kontinente, Schulen und Ansätze durch die gemeinsame Praxis zu einer „Mala rund um die Erde“ zu formen, auf der Grundlage des heiligen Zyklus 108, schreiben die Veranstalter auf ihrer Webseite. Sie nennen den 19. oder 20. September als Zeitpunkt für die Aktion. Kurz darauf, am Samstag 22 September 2012, begehen die Vereinten Nationen den International Day of Peace. Das Global Mala Project ist außerdem Teil des national Yogamonth in den USA.
Beim Global Mala Yoga spielt die Zahl 108 eine prominente Rolle. Eine ordentliche Mala, die Yogis um den Hals oder während der Praxis am Handgelenkt tragen, besteht aus 108 Perlen. Dieser Zahl kommt in vielen fernöstlichen Kulturen eine heilige Bedeutung zu. Auf Wikipedia steht eine Übersicht: So benennt der tibetische Buddhismus zum Beispiel 108 Störgefühle. Shiva tanzt 108 Tanzschritte, hinduistischen Gottheiten haben 108 Namen und die hinduistische Astrologie kennt zwölf Tierkreiszeichen und neun Planeten. Neun mal zwölf macht 108. Das müssen wir erst einmal so hinnehmen; Antworten jedoch auf die – vielleicht typisch westliche – Frage Warum? sind diese Informationen nicht. Warum tanzt Shiva als Nataraja nicht 107 Schritte, warum stehen auf den Fußsohlen thailändischer Buddhas nicht 109 Symbole oder warum sagen die Thais nicht einfach „1000“ wie wir, wenn sie „viel“ meinen? Warum ausgerechnet „108“?


Vielleicht gibt es ist gar keinen Grund. Vieles ist einfach „Tradition“, sagt Frank Köhler, Indologe an der Universität Tübingen. „Immerhin beträgt die Quersummer von 108 neun. Und 108 geteilt durch neun sind zwölf." Beide Zahlen sind wiederum durch drei gut teilbar. „Und drei ist wie sieben eine gute Zahl, mit Tendenz zur Heiligkeit.“ Und noch ein anderes Spiel ist mit 108 möglich: Sie ist eins hoch eins mal zwei hoch zwei mal drei hoch drei. Sie lässt sich also in viele, sehr kleine Primfaktoren zerlegen. Zur Erinnerung an die Mathestunde: Primzahlen waren die Zahlen, die sich nicht weiter zerlegen lassen. Es gibt auch große Primzahlen wie 101. Die meisten Mathematiker finden die kleinen Primzahlen aber „schöner“, und eben auch die Zahlen, die sich in diese kleinen Primfaktoren so nett zerkleinern lassen wie die 108.
Obwohl, manche wiegeln auch ab wie Erhard Behrends, Mathematiker an der Freien Universität Berlin: „Aus mathematischer Sicht ist die Zahl nichts besonderes, mit der 64 kann man viel mehr machen", sagt er. „In meinem 50-jährigen Berufsleben ist mir die 108 noch nicht begegnet.“ Auch die Akustiker und Musikphysiker, die wir befragten, kannten keine Studien, die irgendwie mit der Zahl 108 harmonische Klänge beschrieben. Die abendländische Harmonielehrer baut auf dem Grundton der männlichen Stimme auf; die schwingt mit rund 100 Hertz. Knapp neben der 108 also. Der weibliche Grundton liegt eine Oktave höher, bei 200 Hertz. Ganzzahlige Vielfache wie eins zu zwei in der Oktave finden wir Abendländer harmomisch. Aber asiatische Hörgewohnheiten sind ja bekanntlich anders. Jedenfalls kamen wir hier auf der Suche nach dem tieferen Sinn von 108 nicht weiter.
Die meisten asiatischen Musikkulturen begründen sich nicht auf die menschliche Stimme, sondern beispielsweise auf den Klang des Gongs, wie wir von Andras Varsanyi, dem Leiter der Musikinstrumentensammlung des Stadtmuseums München erfuhren. Obwohl er aber schon viel über asiatische Schlaginstrumente forschte und sich dabei auch intensiv mit Physikern austauschte, ist ihm die Zahl 108 bei der Beschreibung eines Klangs nicht besonders aufgefallen. „Allerdings spielen Zahlen in diesen Kulturen bei den rhythmischen Zyklen eine große Rolle“, sagt Varsanyi. „Tablaspieler richten sich sehr streng an bestimmte Zahlenverhältnisse". Sie sind deshalb Meister für Zahlenspiele – allerdings kommen in diesen Spielereien alle möglichen Zahlen vor, die 108 scheint darin keine prominente Stellung einzunehmen.
Vielleicht kommt uns die 108 auch so merkwürdig vor, weil sie auf uns, die wir das Dezimalsystem gewohnt sind, im Vergleich zu 100 so willkürlich wirkt. Allerdings korrigierte mich hier der Indologe Frank Köhler: Das Dezimalsystem haben wir aus Indien. Die Ur-Abendländer wie die alten Griechen und Babylonier rechneten und dachten im Hexadezimalsystem. Dass wir heute noch den Kreis mit 360 Grad beschreiben, kommt daher. Zweimal zwölf Stunden hat der Tag. Mal neun sind 108... So drehen uns aber auch wieder im Kreis.


Fast als wollte er uns trösten, hat schließlich der Zahlentheoretiker Pieter Moree vom Max-Planck-Institut in Bonn extra für yogaservice.de in der Welt der Zahlen herumgestöbert und dabei etwas entdeckt, bei dem die 108 eine besondere Rolle spielt. Die Zahl könnte beschreiben, wie sich Yoga über die Welt ausbreitet – und damit sind wir wieder, um den Kreis zu schließen, beim Global Mala Yoga.
Pieter Moree beschrieb es uns in einer E-mail so (wir übertragen die Erläuterung aus dem Englischen): „Auf einem rechteckigen Platz mit Gittermuster sitzt ein Yoga-Guru. Überall, wo sich die Gitterlinien kreuzen, sitzen Personen, die noch kein Yoga üben. Nun passiert folgendes: Der Guru fängt also allein an. Jeden Tag beginnt eine Person, die direkt (also horizontal oder vertikal, aber nicht diagonal) neben einem Yogi sitzt, der schon übt, ebenfalls zu praktizieren. Also beginnen am zweiten Tag vier neue Schüler rund um den Guru, ebenfalls zu üben. Alle fünf üben auch am dritten Tag, außerdem kommen zu jedem der vier übenden Schüler jeweils drei Anfänger hinzu. Also üben jetzt zusammen zwölf Yogis. Diese Dynamik breitet sich weiter aus. Am Tag 16 sind es 108 Neue.
So, und jetzt kommts! (Und so ganz muss es ein Laie ja auch nicht verstehen): Die Zahl derjeniger, die täglich Yoga üben, wächst Tag für Tag in einer Reihe, die in der Encyclopedia of Integer Sequences den Namen „A147562“ trägt. Die Zahlenreihe der Leute dagegen, die pro Tag neu mit Yoga anfangen, heißt „A147582“. Und weil darin so schön oft die Zahl 108 vorkommt, wollen wir sie euch nicht vorenthalten: „1, 4, 4, 12, 4, 12, 12, 36, 4, 12, 12, 36, 12, 36, 36, 108, 4, 12, 12, 36, 12, 36, 36, 108, 12, 36, 36, 108, 36, 108, 108, 324, 4, 12, 12, 36, 12, 36, 36, 108, 12, 36, 36, 108, 36, 108, 108, 324, 12, 36, 36, 108, 36, 108, 108, 324, 36, 108, 108, 324, 108“.
Vielen Dank an den holländischen Zahlentheoretiker Pieter Moree! Wenn ihr eine gute Erklärung für die Heiligkeit der Zahl 108 hast, wären nicht nur wir, sondern auch die meisten der angesprochenen Wissenschaftler sehr neugierig darauf. Schickt uns eine Mail oder schreibt einen Kommentar in unser Facebook-Profil.

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